Stellungnahme zu Vor- und Nachteilen des digitalen TETRAFunknetzes
im Vergleich zum herkömmlichen analogen Funk von Ulrich Weiner:
Analogfunk: Jede Blaulichtorganisation hat ihr eigenes Funksystem
Kommunikation ist unabhängig, bei einer Störung kann die Frequenz einer anderen Organisation
mitverwendet werden. Ein Umschalten auf das jeweilige andere Funknetz ist mit einfacher
Kanalumschaltung möglich. Ein technischer Totalausfall ist unmöglich.
Digitalfunk: Alle Organisationen nutzen ein gemeinsames Funknetz.
Bei einer Störung kann niemand mehr funken. Eine Ausweichmöglichkeit gibt es dann nicht mehr.
In England, wo das TETRA Digitalfunksystem seit dem Jahr 2000 läuft, meldet die Polizei alleine
in den Jahren 2005 bis 2008, 93 Systemausfälle, siehe
http://ul-we.de/britische-polizei-meldet-93-
Digitalfunk:
Behördenübergreifende Benutzergruppen sind möglich, müssen aber aufwendig programmiert
werden. Dies lässt sich nicht kurzfristig z.B. bei einem Schadensereignis durchführen. Die
Kommunikation läuft also nur über die entsprechende Leitstelle. Auch kann theoretisch ein
Streifenwagen der Polizei direkt mit einem heranfahrenden Krankenwagen kommunizieren, nur
benötigt er dafür die jeweilige Rufnummer des Funkgerätes. Diese Nummern sind aber der
jeweiligen anderen Organisation nicht bekannt. Eine einfache Kanalumschaltung, wie es jetzt im
Analogfunk möglich ist, geht nicht mehr. BehoÅNrdenübergreifende Kommunikation ist daher zwar
technisch möglich, scheitert aber in der praktischen Umsetzung an den zu hohen organisatorischen
Hürden.
Das Kanalmanagement des digitalen Bündelfunks TETRA, klingt im ersten Moment zwar
intelligent, wird aber von einem zentralen Server aus gesteuert. Dies stellt, gerade für den
Katastrophenfall, eine große Gefahr dar. Kommt es dort zu Störungen, kann im ganzen
Bundesgebiet niemand mehr funken. Dies passiert aber immer wieder, siehe Beispiele aus England,
Dänemark, Schweden und den Niederlanden. Auch sind trotz intelligentem Management die Kanäle
beschränkt.Während beimAnalogfunk alle eingeschalteten Funkgeräte automatisch mithören, muss
beim Digitalfunk jedem Gerät ein eigener Sprachkanal zugewiesen werden und das für alle
Blaulichtorganisationen. Bei Großschadensereignisse auch noch gleichzeitig. Ergebnis: Es kommt
zu Systemzusammenbrüchen, wie z.B. beim Flugzeugabsturz der Turkish-Airlines am 25. Februar
2009 in Shipol. Der anfallende Digitalfunkverkehr allein von rund 40 Rettungswagen sorgte für den
Zusammenbruch des Systems. Als Folge waren die dort eingesetzten Einsatzkräfte von Polizei,
Feuerwehr und Rettungsdienste von jeglicher Funkkommunikation abgeschnitten. Ebenso beim
Attentat auf die Niederländische Königin in Apeldoorn am 30 April 2009Weitere Berichte unter
http://ul-we.de/frage-gibt-es-erfahrungsberichte-von-tetra-aus-anderen-landern/
Für das Kanalmanagement ist zudem noch ein Organisationskanal notwendig, der 24 Stunden
sendet, auch wenn kein einziges Funkgerät in Betrieb ist. Dies führt zu unnötig hohem
Stromverbrauch und belastet die Bevölkerung mit weiterem Elektrosmog.
Argument: Die Sprachqualität des Digitalfunks wäre besser
Bei digitalen Modulationen gibt es immer nur zwei Betriebszustände 0 und 1, sprich entweder der
Funk geht oder geht nicht. Bekannt ist das vom Handy, entweder man versteht seinen
Gesprächspartner oder es kommt zu Aussetzern. Dagegen kann ein geübter Funker auch noch einen
schwachen analogen Funkspruch verstehen und die entsprechende Informationen entnehmen.
In den Niederlanden sind bereits einige Feuerwehrleute ums Leben gekommen, weil sie wichtige
Funksprüche über den Digitalfunk TETRA nicht erreicht haben, siehe http://ulwe.
Analoge Funkgeräte mit einer VOCODER-Funktion, die störende Umgebungsgeräusche
herausfiltern, gibt es genauso wie Digitale. Das ist eine Sache der Funkgeräte und nicht des
Funknetzes.
Argument: DerAnalogfunk ist relativ leicht abhörbar.
Jede Luftschnittstelle ist abhörbar, das ist nur eine Frage des Aufwandes. Die Verschlüsselung des
TETRA-Standard wurde bereits 2005 durch den Chaos Computer Club geknackt und es kann somit
auch mitgehört werden. Die nötige technische Ausrüstung ist im Internet frei verkäuflich. Details
unter http://ul-we.de/digitaler-polizeifunk-mit-einfachen-mitteln-abhorbar/ Zudem stellt eine hohe
Verschlüsselung auch eine Gefahr im Katastrophenfall dar. Im jetzigen Analogfunk ist es möglich,
dass Amateurfunker mit einer Modifikation ihrer Geräte den Behörden zu Seite stehen und mit
Mensch und Material aushelfen können. Zudem zeigt die Erfahrung aus den verschiedensten
Katastrophen, dass es immer die Amateurfunker sind, die sofort Lagemeldungen und Notrufe aus
den betroffenen Gebieten absetzen und eine Kommunikation aufrechterhalten können. Dies wird
mit dem Digitalfunk unmöglich.
Argument: Für den Analogfunk gibt es keine neuen Geräte und Entwicklungen
Das ist einfach falsch. Klar fahren die führenden Hersteller von TETRA ihre Produktionen von
analogen Funksystemen zurück, um das Geschäft mit dem Digitalfunk voranzutreiben. Es gibt aber
noch genug Anbieter, die sehr gute analoge Funkgeräte herstellen und auch an weiteren
Innovationen forschen. Zudem ist TETRA schon wieder veraltet und die führenden Funkhersteller
arbeiten schon längst an den Nachfolgesystemen. Diese werden aber mit TETRA nicht kompatibel
sein, so dass wieder eine neue Infrastruktur und neue Geräte verkauft werden können.
Argument: Im Digitalfunk ist eine Datenübertragung möglich
Generell stimmt das, aber da TETRA bereits vor ca. 20 Jahren entwickelt wurde, ist die
Übertragungsgeschwindigkeit entsprechend langsam. Sie liegt bei durchschnittlich 3,0 kbit/s mit
einiger Modifikation kommt man auf 9,6 kbit/s was der langsamsten Geschwindigkeit eines
analogen Faxgerätes entspricht. Im Vergleich dazu liegt ein modernes Handy bei bis zu 760 000 000
kbit/s. Zudem lässt sich auch beim analogen Funk die Datenübertragung implementieren, eine
Aufrüstung für wesentlich weniger Geld und bei schnellerer Umsetzung ist möglich. Empfehle dazu
den ZDF Beitrag „Digitalfunk unbrauchbar“ http://ul-we.de/frage-wo-gibt-es-den-fernsehbeitragvon-
Argument: Mit Digitalfunk lässt sich schneller alarmieren
Das stimmt nicht, mit TETRA lässt sich überhaupt nicht alarmieren. Auch lässt sich das
Digitalfunksystem nicht als ein Paging-Netz betreiben. Für die jetzigen Rufempfänger muss
komplett ein eigenes Funknetz unterhalten werden, wie es schon der Fall ist, oder an einen externen
Anbieter wie z.B. www.emessage.de vergeben werden. Eine Übertragung von Textnachrichten ist
seit Mitte der 80er Jahre über den analogen POCSAG Standard möglich und wird auch von vielen
Blaulichtorganisationen seither mit äußerster Zufriedenheit genutzt.
Argument: Beim Digitalfunk gibt es auch die Möglichkeit, eine Verbindung ins öffentliche
Telefonnetz herzustellen (Telefonfunktion)
Das stimmt, aber diese Funktion lässt sich auch im analogen Funk implementieren, wenn das
gewünscht ist. Bisher war aber der Konsens der Behörden, dass eine solchen Funktion nur für sehr
wenige Teilnehmer notwendig ist und daher nicht eingeführt wurde.
Argument: Der Digitalfunk ermöglicht das Absetzen von Notrufen mit der Übertragung der
GPS-Koordinaten des Standortes.
Diese Funktion ist auf analoger Basis seit ca. 10 Jahren verfügbar. Auch hier ist es eine Sache des
Funkgerätes (GPS-Empfänger, Datenmodul, etc.) und der Leitstelle (passende Auswertungssoftware),
nicht des Netzes. Für diese Funktion sind nur neue Funkgeräte nötig, nicht aber ein
TETRA-Funknetz.
Argument: Für das TETRA-Digitalfunknetz werden in Bayern nur 953 neue Sendestandorte
benötigt, während dann 3500 analoge Standorte wegfallen.
Zu den 3500 Sendestandorte zählt jedes ortsfeste Funkgerät, welches in einer Polizeidienststelle,
einer Feuerwehrwache, dem Landratsamt, bei einem DLRG-Stützpunkt, in einem Krankenhaus etc.
installiert ist. Daher ist die Zahl so hoch. Von einem wirklichen Sendestandort, der 24 Stunden am
Tag sendet, kann hier nicht gesprochen werden. Zudem bleiben auch beim digitalen Funknetz diese
Geräte erhalten. Daraus ergibt sich, dass trotz der angeblich 3500 bereits bestehenden Standorte
überall neue digitale erschlossen und gebaut werden müssen. Es ist eine einfache Rechnung: 3500
Standorte minus die 953 neuen, müsste ja einen Rückbau von 2547 Sendeanlagen bedeuten. Überall
ist aber nur zu hören dass neue gebaut werden müssen.
Argument: Es gibt keinenWiderstand gegen TETRA, alle Gemeinden sind dafür, dass dieses
System eingeführt wird.
Alleine in Bayern leisten über 50 GemeindenWiderstand gegen die Einführung des digitalen
Funknetzes nach TETRA, siehe http://ul-we.de/uber-50-gemeinden-alleine-in-bayern-gegen-tetra/
Aber auch in Baden-Württemberg und anderen Bundesländer nimmt die Zahl der Gemeinden, die
neue Sendeanlagen ablehnen, ständig zu. Siehe z.B. http://ul-we.de/der-widerstand-gegen-denveralteten-
und-uberteuerten-tetra-digitalfunk-wachst/
Weiter aktuelle Meldungen unter
Aber auch der internationale Feuerwehrverband und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) stehen
dem Digitalfunksystem sehr kritisch gegenüber, siehe http://ul-we.de/vortrag-uber-die-risiken-vontetra/